Gemeinsam stark – Vom Gruppenleben mancher Wildtiere

Wolf

Warum schließen sich manche Tierarten zu Herden, Schwärmen, Flügen, Kolonien oder Rudeln zusammen? Welche Vorteile ergeben sich daraus und gibt es auch Nachteile? Können Gruppen auch zu großzügig sein?

Das Leben in Gruppen ist von vielen Tierarten bekannt und wird uns oft eindrucksvoll im Fernsehen gezeigt. Ob Bilder von Gnus oder Heringen, Staren oder Antilopen, immer sind es Hunderte, wenn nicht Tausende. Doch müssen es nicht immer riesige Schwärme oder Herden sein, auch kleine Gemeinschaften können zum Ziel führen und jedem Individuum Vorteile bringen. Ein Rudel von Wölfen kann in der Gruppe erfolgreicher Beute machen und vor allem größere Tiere überwältigen. Ein einzelner Wolf hätte bei einem Rothirsch normalerweise wenig Chance. Für ein Wolfsrudel gilt dabei aber eine eiserne Regel – eine strenge Rangordnung. Erst diese ermöglicht den Jagderfolg und festigt den Zusammenhalt. Aber auch bei den heimischen Wildwiederkäuern Rothirsch und Gämse, nicht aber beim Reh, gibt es ein Leben in Rudeln, wenngleich es sich hier um eher offene Gruppen handelt zwischen denen ein regelmäßiger Austausch und Wechsel stattfindet. Bei potentiellen Beutetieren steht im Allge-meinen die Sicherheit gegenüber Feinden im Vordergrund und so bringt die Gruppe einen ganz entscheidenden Vorteil – viele Augen, Nasen und Ohren, die mehr sehen, riechen und hören. Außerdem können sich Tiere aus einer Gruppe beim Sichern, dem „Aufpassen“, immer abwechseln, sodass unterm Strich mehr Zeit zum Äsen, also zur Nahrungsaufnahme, oder zur Körperpflege bleibt. In einem Rudel ist sich aber dennoch jedes Individuum immer selbst das nächste, denn Artgenossen werden auch zur direkten Feindvermeidung „benutzt“. Der soge-nannte Verdünnungseffekt erhöht mit der Größe der Gruppe die Wahrscheinlichkeit, dass ein oder mehrere Räuber ein anderes Tier aus der Herde anvisieren und erbeuten und das eigene Leben sich dadurch verlängert. Dieser Effekt schützt übrigens auch vor Stechmücken und Bremsen, wie bei Pferden nachgewiesen wurde. Die Stiche pro Pferd waren in der Herde geringer als beim einzelnen Tier.
Bei Vögeln oder Fischen bietet der Schwarm noch einen erheblichen Vorteil – den „Verwirrungseffekt“ bei Angriffen eines Beutegreifers. Der Wanderfalke tut sich eben schwer eine Ringeltaube aus dem Verband heraus zu fangen; eine Einzeltaube etwas abseits des Schwarms ist schon leichter zu erbeuten.
Gruppenleben bringt aber auch Nachteile mit sich, denn die einzelnen Mitglieder sind auch Konkurrenten, vor allem wenn es um die Nahrung geht. Selbst bei scheinbar viel Nahrung wie Gras kann es zur unmittelbaren Nahrungskonkurrenz kommen; bei Raubtieren bekommt das ranghöchste Tier meist die besten Stücke, jedoch nicht immer ohne Streit. Ist für ein Rudel zuwenig Nahrung vorhanden, kann dies zur Teilung führen.
Weitere Nachteile engen Zusammenlebens ist die Ansteckung mit Krankheiten und die Über-tragung von Parasiten.
Um die optimale Gruppengröße zu finden, ist es also für die verschiedensten Tierarten wichtig, die Vor- und Nachteile abzuschätzen und Kompromisse einzugehen, wenngleich Lebensraumstruktur und Jahreszeiten dabei eine große Rolle spielen. Unstrittig ist jedoch: Umso enger die Verwandtschaft einer Gruppe, desto lohnender ist es für das einzelne Individuum. Die Nachkommen sind nämlich entweder die eigenen oder eng verwandt und somit wird ein Großteil der eigenen Gene weitergegeben.

Von Mag. Christopher Böck, Wildbiologe

 

   
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