Der Jäger und sein G’wand

Der Jäger und sein G’wand, OÖ LJV

Die jägerische Kleidung hat sich, ausgehend vom Vorbild des Erzherzogs Johann, gut eineinhalb Jahrhunderte hindurch weiterentwickelt und ist in Vernetzung mit der alpenländischen Tracht zur hohen Tradition geworden. Dabei ist unser viel zitierter Grüner Rock eher selten ein wirklich grüner, vielmehr fast immer ein grauer, brauner oder irgendwie erdfarbener Rock; allerdings ist es immer der grüne Kragen, der alle Angehörigen der dem Wald und dem Wild verpflichteten „grünen“ Zunft verbindet.

Vor und auch nach dem letzten Krieg brauchte man noch einen guten Schneider, der sich auf das „steirische“ verstand, allerdings aber auch den Wert seiner Handarbeit kannte. Heute ist es erstaunlich leicht für die Jägerin und den Jäger, sich auf dem breiten Markt der Trachtenanbieter und Jagdfachgeschäfte brauchtumsgerecht ordentlich anzuziehen. Und das –  wenn es nicht gerade im Nobelladen sein muss – sogar relativ preiswert. Es gibt also keinen logischen Grund dafür, dass ein Jäger nicht so aussieht, wie eben „a Jaga ausschaun muaß“ in einem Land, wo die Jagd und die alpenländische Tracht eine so maßgebliche Bedeutung in der Landeskultur haben. Es liegt an uns Jägerinnen und Jägern, dieser Tradition im Auftreten und Aussehen zu entsprechen und sie nicht aufweichen zu lassen. Dabei dürfen wir froh darüber sein, uns zwar in den Grundformen einheitlich kleiden zu können, ohne – wie anderswo – uniformiert sein zu müssen.

Jedenfalls muss die gewählte Jagdkleidung der speziellen Jagdausübung entsprechen und wird daher für Gamspirsch und Hochwildriegler anders sein müssen, als für solide Ansitzjagd, beim Jagen auf schweren Ackerböden oder bei der Entenjagd im Schilf. Und ebenfalls anders im Revieralltag als bei festlichen Auftritten.

Schutz vor Nässe, Wind und Kälte musste das Jagdgewand immer schon bieten, zweckmäßig und „geländetauglich“ sollte es auch sein, und natürlich pflegeleicht; aber auch fesch durfte es schon immer sein. Forderungen, die lange Zeit über fast ausschließlich von Loden und Leder erfüllt wurden. Ohne Frage haben aber neben dem idealen Loden aller Qualitäten und der gut gegerbten Tierhaut die modernen Textilien und Kunststoffe das Angebot an zweckmäßiger Jagdleidung durch geringes Gewicht und hohen Tragekomfort enorm erweitert.

Zweckmäßig angezogen sein verlangt für unser heimatliches Jagen keine abenteuerliche Tarnung, keinen military look, der den schlichten Jäger optisch zum gefährlichen Ranger macht. Die Tendenz dazu war in letzter Zeit unübersehbar vorhanden, sicher von der Großwildjagd in Afrika und dem amerikanischen Westen beeinflusst. Erfreulicherweise hat neuerdings ein marktführender Jagdausrüster das ursprünglich überwiegende Angebot an solch fragwürdigen outfits in seinem Hauptkatalog maßgeblich zurückgenommen. Bleiben wir also bei unseren gestandenen Röcken, Jankern, Jagdparkas und Hosen aller Längen, im Material den Jahreszeiten und dem Jagdeinsatz entsprechend, und vergessen wir dabei auch nicht den guten, althergebrachten Wetterfleck. In der Bergjagd ohnehin eine Selbstverständlichkeit ist er aber immer und überall einfach ideal als Regenschutz, Wärmespender, Sitzunterlage und mögliche Gewehrauflage. Wer zwar mit Weitschussbüchse, Superglas und Entfernungsmesser hochtechnisch jagt, aber keinen Wetterfleck kennt, ist einfach mangelhaft ausgerüstet. (Gleiches gilt übrigens auch für den Bergstock. Im Bergwald ist er unerlässlich, zum Gehen überall praktisch und zum Anstreichen oftmals notwendig. In der alpenländischen Jagd gehört er einfach zum Jäger!)

Wie bei allem, was jagdlicher  Brauch ist, sollten wir auch beim Jagdgewand nicht spitzfindig übertreiben. Ein legendär gewordener Jagdherr schickte noch vor vierzig Jahren Jagdgäste nach Hause, die zur Treibjagd in Gummistiefeln gekommen waren.  Wir müssen auch nicht besonders „urig“ ausschauen. Hinunter geradelte Stutzen und nicht zugebundene Bergschuhe finden zwar Anklang im Showgeschäft, sind aber keinesfalls wirklich zünftig. Und die Lederhose muss nicht schmierig und der Janker nicht auffällig geflickt sein, um den echten Jäger zu beweisen. Beide dürfen aber so abgetragen sein, wie der Träger, jedenfalls höherer Altersklassen, ja selbst auch Gebrauchspuren aufweist.

Zur festlichen Standestracht mit Rock, grüner Weste und anzugfarbener oder schwarzer Hose gehörte immer das weiße Hemd und – zwar traditionell, aber eher wirklich nur beim Begräbnis angebracht – die schwarze Krawatte! Hier wird aber längst das einfärbige edle Hemd und die trachtenecht gemusterte Seidenkrawatte, womöglich in wertvollem Handdruck, zugestanden. Und natürlich darf es auch die grüne Krawatte mit gestickten Jagdmotiven sein, die uns der Markt als jagdlich besonders originell anbietet.

 

Und damit zum Jägerhut

Kenner der jagdlichen Szene wissen, dass die meisten Jäger, erst recht auch die Jägerinnen, längst (wenigstens) zwei Hüte im Gebrauch haben. Den geliebten, fast unersetzlich gewordenen Jagdfilz mit allen Spuren des alltäglichen Gebrauchs, und einen „schönen“, der zum kompletten Jagdanzug, vorwiegend leider zum Begräbnis oder seltenen jagdlichen Fest getragenen wird. Ersterer darf natürlich neben Federn, Erpelschnecken oder zerrupftem Bart auch wichtige Abzeichen aufweisen, aber bitte mit Maß! Der festliche – in unserem bäuerlichen Umfeld früher so genannte „Feichtahuat“ – sollte aber diesbezüglich eher zurückhaltend bestückt sein und neben dem Gams- oder Hirschbart oder Schildhahnstoß hauptsächlich Platz für den –  zur Erinnerung! – stets  links getragenen Standesbruch bieten.

Nun haben wir in Oberösterreich unseren Goldenen Bruch als besonderes Zeichen für 50 Jahre langes Jagen. Ein damit ausgezeichneter, zwangsläufig älterer Weidmann hat eigentlich nur selten Gelegenheit, seinen Goldenen Bruch stolz auszuführen. Eben am ehesten beim Bezirksjägertag, beim seltenen festlichen Anlass oder beim Begräbnis, denn am Alltagsjanker würde der golden-dekorative Tannenbruch eher protzig wirken. Nicht erst einmal wurde daher im jagdlichen Umkreis schon die Frage aufgeworfen, ob denn der Goldene Bruch nicht auch am Hut, sicher gemeint eher am schönen Hut, getragen werden kann? Die Frage muss erlaubt sein und sollte ruhig diskutiert werden. Eine ganz andere schon gestellte Frage, ob eine Jägerin in der Kirche, wo die Jägerschaft ja den Hut abnimmt, diesen aufbehalten darf, ist leicht zu beantworten. Nach christlicher Überlieferung braucht die Frau in der Kirche, hier eines ihrer wenigen Privilegien, ihr Haupt nie zu entblößen. Also muss die Jägerin hier auch den Jagdhut, selbst mit Standesbruch, nicht wie die Jäger abnehmen!

In dieser Brauchtumsserie wurde schon mehrfach betont, wir sollten alles Wertvolle bewahren, aber nicht übertrieben pingelig in der Wahrnehmung und auch in der Ausführung des Gebräuchlichen sein. Was uns vermitteltes Brauchtum wert ist und wie wir es umsetzen, entscheiden wir als Weidmann und als jagende Frau nach persönlichem Geschmack und auch nach reinem Gefühl letzten Endes selbst. Im Zweifelsfalle sollten wir uns nach dem Vorbild richten können, das wir von den jagdlichen Führungskräften, von ganz oben bis zum Jagdleiter, erwarten dürfen. Jedenfalls müssen der gemeinsam geübte Brauch, die erkennbar besondere Kleidung und erst recht die ganz andere Sprache der Jägerschaft jenen Zusammenhalt geben, der ihr in der diffusen breiten Masse der modernen Gesellschaft die Eigenständigkeit bewahrt und damit das Überleben sichert.

 

 

   
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