Herbstbeginn im Revier

Warum die Herbst-Rehjagd schon im August startet!
Während viele Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher noch den Sommer genießen, begann für die heimischen Jägerinnen und Jäger mit dem 16. August eine besonders verantwortungsvolle Phase: die Herbstbejagung des Rehwildes.
Was für Außenstehende überraschend früh wirken mag, folgt klaren Regeln – und dient dem Erhalt gesunder Wildbestände sowie dem Schutz unserer Wälder.
Gesetzliche Grundlage – mehr als nur eine Pflicht
Das Jagdgesetz schreibt vor, dass Rehwildbestände durch einen sogenannten Abschussplan reguliert werden. Für jedes Jagdgebiet wird jährlich festgelegt, wie viele Stücke zu erlegen sind – aufgeteilt nach Altersklassen und Geschlecht. Eine Besonderheit dieser Zeit: Die Bejagung von Rehgeißen und ihren Kitzen ist nicht nur erlaubt, sondern in vielen Revieren auch gesetzlich verpflichtend, um den Plan zu erfüllen.
Bleiben die Bestände nämlich zu hoch, kann sich der Wald nicht ausreichend verjüngen. Junge Bäume werden verbissen, was langfristig die Vielfalt unserer Wälder gefährdet. Wildtiermanagement ist also auch Waldschutz.
Verantwortung statt „Quote erfüllen“
Die Jagd auf weibliches Rehwild und Kitze erfordert größte Sorgfalt. Es geht nicht um ein bloßes Erfüllen einer Zahl, sondern um präzises Ansprechen, also ums Beobachten und um Jagdethik. Eine Geiß darf niemals erlegt werden, wenn unklar ist, ob sie noch von ihr abhängige Kitze führt. Ebenso muss beim Kitzerlegen sichergestellt sein, dass es weidgerecht geschieht – mit sicherem Kugelfang, in ruhiger Situation und ohne unnötige Beunruhigung anderer Stücke.
Viele Jägerinnen und Jäger verbringen dafür Stunden oder Tage im Revier, um sich ein genaues Bild zu machen. Diese Zurückhaltung ist ein wesentlicher Teil jagdlicher Verantwortung.
Warum schon im August?
Der frühe Beginn der Herbstbejagung hat jagdliche Gründe. Das Wild ist im Spätsommer leichter zu beobachten, da die Vegetation noch nicht zu dicht ist und die Tage länger sind. Kitze sind zu diesem Zeitpunkt bereits relativ selbstständig und geben auch schmackhaftes Wildbret. Außerdem ermöglicht eine frühe Regulierung, den Abschussplan auf die gesamte Jagdsaison zu verteilen und so Zeitdruck im Spätherbst zu vermeiden. Ruhe vor und im Winter ist wesentlich für Wildtiere.
Mehr als Bestandsregulierung
Die Herbstbejagung dient nicht nur dem Waldschutz. Rehwild liefert auch ein hochwertiges, regionales und nachhaltiges Lebensmittel. Wildbret aus der Region hat kurze Transportwege, stammt aus freier Wildbahn und ist frei von Mastfutter oder Medikamenten – ein Aspekt, der gerade heute immer mehr geschätzt wird. Darüber hinaus trägt eine angepasste Rehwilddichte auch zur Verkehrssicherheit bei. Weniger Wildwechsel auf Straßen bedeutet weniger Wildunfälle – ein wichtiger Beitrag zum Schutz von Mensch und Tier.
Jagd heute – zwischen Tradition und moderner Verantwortung
Die Rehjagd im Spätsommer und Herbst zeigt, wie sich traditionelle Kenntnisse mit moderner Wildbiologie verbinden. Es zählt also der gesunde Gesamtbestand und der Lebensraum. Fortbildungen zu Wildtierverhalten, Waldökologie und Jagdmethoden gehören für viele Jägerinnen und Jäger zum Selbstverständnis.
Aber nicht jeder kann nachvollziehen, warum Kitze bejagt werden dürfen oder warum es überhaupt einen Abschussplan gibt. Diese Maßnahmen dienen dem Gleichgewicht zwischen Wild und Lebensraum. Die Jagd ab Mitte August ist kein willkürlicher Frühstart, sondern ein gezielt gewählter Zeitpunkt, an dem sich weidgerechtes Handeln und Naturschutz am besten verbinden lassen, wobei der September sicher der Hauptmonat der herbstlichen Rehwildbejagung ist.
Zwischen gesetzlicher Verpflichtung, jagdlicher Ethik und dem Ziel, Wild und Wald im Gleichgewicht zu halten, gilt es, bei jedem Schuss eine wohlüberlegte Entscheidung zu treffen. Die Jagd ist damit nicht nur jagdliches Handwerk, sondern auch ein aktiver Beitrag zur Erhaltung unserer Kulturlandschaft – und zur Versorgung mit einem der wertvollsten Lebensmittel, das unsere Natur zu bieten hat.
Text und Foto: Rupert J. Pferzinger, OÖ Landesjagdverband