Rehwild als Indikatorspezies für die durch Zecken übertragene FSME

Rehwild als Indikatorspezies für die durch Zecken übertragene FSME, OÖ LJV

FSME oder Frühsommer-Meningo-Enzephalitis ist eine durch Viren hervorgerufene Erkrankung des Menschen.

Ein Artikel von Priv.-Doz. Dr. Georg Duscher, Veterinärmedizinische Universität Wien
Quelle: OÖ. Jäger Nr. 151 (Juni 2016)

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FSME oder Frühsommer-Meningo-Enzephalitis ist eine durch Viren hervorgerufene Erkrankung des Menschen. Als Überträger fungieren Zecken, vor allem der Holzbock (Ixodes ricinus). Die Viren haben ihr Reservoir in Kleinnagern und gelangen durch die Blutmahlzeit in die Zecken. Sticht eine infizierte Zecke einen Menschen, kann das Virus übertragen werden. Als Folge kann eine sehr schwere Erkrankung – bis hin zum Tod – auftreten.

 

Zecken benötigen dreimal in ihrem Leben Blut. Als sechsbeinige Larve heften sie sich nur kurz (2-3 Tage) und vermehrt an kleinere Wirtstiere (Kleinnager) an. Dort kommt es vermutlich auch hauptsächlich zur Virusaufnahme. Nach einer Verdauungspause und einer Häutung befallen die schon achtbeinigen Nymphen etwas größere Tiere (Hase, Igel, etc.) und saugen 4-5 Tage. Auch der Mensch wird häufig von Nymphen gestochen. Wahrscheinlich sind die Nymphen beim Menschen das Hauptrisikostadium zur Übertragung von FSME. Einerseits sind sie schon infiziert und sind andererseits relativ klein und können so unbemerkt einstechen und die Viren übertragen. Nach einer weiteren Verdauungspause und Häutung zu adulten Männchen und Weibchen, befallen die Zecken vermehrt größere Tiere wie z.B. Rehe. Das Männchen saugt nur einige Minuten Blut und ist in der Lage von einem Wirt zum nächsten zu wechseln. Nach dem bis 14 Tage dauernden Saugakt der Weibchen und der Begattung, legt das Weibchen bis zu 2000 Eier ab und stirbt. Aus den Eiern schlüpfen wieder Larven, die, sofern das Weibchen FSME infiziert war, auch zu einem geringen Teil (1 %) schon FSME in sich tragen können. Als Hauptansteckung der Zecken wird aber – wie schon erwähnt – die erste Mahlzeit an Kleinnagern angenommen.

 

Dank der genauen Kenntnis des Zyklus und einer sehr guten Aufklärungskampagne, ist die Bevölkerung in Österreich sehr gut informiert und vorsorglich geimpft. Zurzeit sind etwa 85% der Bevölkerung 1x in ihrem Leben FSME geimpft worden. Dieser weltweit einzigartig hohe Wert hat dazu geführt, dass die Erkrankungsfälle in Österreich extrem zurückgegangen sind. Hochrechnungen zu folge, konnten von 2000-2011 bis zu 4000 Neuerkrankungen verhindert werden. Dennoch bestehen die Naturherde weiterhin und ungeimpfte Personen erkranken immer noch an FSME. Derzeit sind dies im Schnitt 100 Personen in Österreich.

 

Umso wichtiger erscheint die Identifizierung von Risikogebieten. Die bisher bekannten Risikokarten basieren auf gemeldete Erkrankungen beim Menschen. Diese sehr wichtigen Erkenntnisse können allerdings nicht die lokal unterschiedlichen Durchimpfungsraten berücksichtigen, wenn z.B. in einem Gebiet viele Menschen geimpft sind. Genauso wenig werden FSME Naturherde in sehr unwegsamen Gelände detektiert, weil sich  dort kaum Menschen aufhalten. Auch die Reisetätigkeit der Menschen kann nur bedingt mit einkalkuliert werden. Dies gibt ein etwas verzerrtes und unvollständiges Bild der Naturherde wieder.

 

Daher haben wir zusammen mit den Landesjagdverbänden Österreichs und den österreichischen Jägerinnen und Jägern Rehwildblut (von erlegten Rehen) untersucht. Rehwild gilt als sehr standorttreu, wodurch eine geografische Zuordnung möglich ist. Rehe sammeln eine Vielzahl an Zecken, und kommen somit in Kontakt mit FSME Viren, sofern sie durch einen Naturherd streifen. Die Rehe erkranken nicht an FSME, bilden aber sogenannten Antikörper aus. Genau diese haben wir zusammen mit einem Speziallabor (Gernot Walder GmbH) nachgewiesen. Wichtig anzumerken ist noch, dass bei einem „serologisch positives Reh“ bzgl. der Genusstauglichkeit des Fleisches keine Bedenken zu haben sind, da zwar die Antikörper im Rehwild zirkulieren, jedoch nicht die Viren.

 

Aufgrund der Untersuchung konnte österreichweit die schon bekannte Risikokarte durch einen Aspekt erweitert werden. So zeigten sich auf Bundesebene bei 40% der positiven Rehe, neue mögliche Standorte für Naturherde. D.h. 40 % der positiven Rehe stammten aus Gebieten, die bisher als „Nicht-Risiko-Gebiet“ gegolten haben.

 

Aus Oberösterreich gelangten 168 Proben von 6 Böcken, 161 Geißen und 1 ohne Angaben an das Institut. Das Durchschnittsalter war 4,5 Jahre. Von den Tieren waren 5 Tiere positiv und 3 Tiere „fraglich“ auf FSME. „Fraglich“ bedeutet, dass die Menge an Antikörpern in einem Grenzbereich sind und weder eindeutig negativ noch positiv gewertet werden können. Es könnte ein Hinweis auf eine lang zurückliegende Infektion sein, es kann aber genauso eine Kreuzreaktion d.h. eine falsche Bindung sein. Von den 5 positiven Tieren stammten 2 aus schon bekannten Risikogebieten (basierend auf menschliche Erkrankungsfälle) und 3 Rehe aus „Nicht-Risiko-Gebieten“.  Letztere stellen besonders wichtige Ergebnisse dar, da dies Hinweise auf mögliche neue Infektionsherde sein könnten. Als gesicherter FSME Naturherd gilt das allerdings noch nicht, da das positive Reh trotz der schon erwähnten Standorttreue auch aus einem Risikogebiet eingewandert sein kann.

 

Dennoch stellt dieses Ergebnis eine große Bereicherung bei der Identifikation von Naturherden dar. Nun kann gezielt in einigen Gebieten nach positiven Zecken gesucht werden und so das tatsächliche Risiko abgeschätzt werden.

 

Der Dank gilt den Jägerinnen und Jägern Österreichs, die sich an der Untersuchung beteiligt haben, sowie den Landesjagdverbänden, die die Logistik und Information übernommen haben.

   
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