Abschussplanerfüllung im Herbst

Abschussplanerfüllung im Herbst, OÖ LJV

„Es entspricht nicht dem Wesen und der Bedeutung der Jagd, diese auf eine Art `Schädlingsbekämpfung´ zu reduzieren.“

Ein Artikel von Dr. Josef Kerschbaummayr, Quelle OÖ Jäger Nr. 172

Die Bejagung von Alttieren und Kälbern hat bereits im Juli begonnen, nach der bevorstehenden Hirschbrunft gilt es, die noch offenen Kahlwildabschüsse zu tätigen. Altgeißen und Rehkitze haben seit Mitte August Schusszeit. Wie viele Jäger erwarten den Aufgang dieser Jagdzeiten mit Freude? Manche sehen die Jagd auf Kahlwild und Herbstrehe eher als Verpflichtung, schieben den Beginn hinaus und haben dann Schwierigkeiten mit der rechtzeitigen Erfüllung der Abschusspläne.

Großflächige Schadereignisse und vermehrte Ansprüche an die Wälder erfordern einen   Waldumbau hin zu mehr Artenvielfalt und Stabilität. Dazu müssen vorhandene Mischbaumarten in der Naturverjüngung vermehrt gefördert sowie standortsgerecht gemischte Wälder mit Tanne, Lärche und verschiedenen Laubgehölzen gepflanzt werden. Waldbesitzer, Forstleute und Behörde erwarten sich von den Jägern Unterstützung ihrer Bemühungen durch frühzeitige und vollständige Abschusserfüllung.

Der folgende Beitrag will einige Denkanstöße und bewährte, praktische Hinweise anbieten, wie Jäger die Herausforderung der herbstlichen Bejagung mit Freude erleben und gleichzeitig die Erwartungen unserer Partner erfüllen können.

Jäger als Dienstleister?

Bei allem Bekenntnis zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit unseren Partnern darf nicht der Eindruck entstehen, Jagd und Jäger seien nur Dienstleister. Die Verhütung von Schäden, die durch zu hohe Wildbestände verursacht werden, ist sicherlich eine wichtige Aufgabe des Jägers, es entspricht jedoch nicht dem Wesen und der Bedeutung der Jagd, diese auf eine Art „Schädlingsbekämpfung“ zu reduzieren.

Die Jagd ist vielmehr eine eigenberechtigte Form der Naturnutzung, mit hoher Bedeutung für Natur und Gesellschaft. Nur als Beispiele werden hier die Leistungen der Jäger zur Erhaltung und Verbesserung der Artenvielfalt bei Tieren und Pflanzen oder die Versorgung der Bevölkerung mit dem hochwertigen, gesunden Nahrungsmittel Wildbret angeführt. Die Jagd ist allein schon durch den Einsatz der Jäger und ihre Freude an allen mit der Jagd verbundenen Tätigkeiten gerechtfertigt.

Schadensverhütung durch verstärkte Bejagung im Spätsommer und Herbst

Wesentliche Voraussetzung für Freude an der Bejagung von Kahlwild und Herbstrehen ist, dass Jäger sich nicht mit überholten Traditionen, sondern mit den Zielen des Jagdgesetzes, der Abschussplanverordnung und auch mit der „Mariazeller Erklärung“ des Forst- & Jagd-Dialogs identifizieren. Zahlreiche Reviere, besonders in den Rehwildgebieten unseres Bundeslandes zeigen, dass sich die oberösterreichische Abschussplanverordnung dort bewährt hat. Das zunehmende Aufwachsen von Tanne und wertvollen Laubbaumarten in zahlreichen Revieren soll Anlass zur Freude aber auch für weitere Bemühungen der Jäger, Waldbesitzer und Forstleute sein. Die günstigen Lebensbedingungen und die hohe Vermehrungsrate des Rehwildes erfordern nicht nur Anhebungen der Abschusspläne nach Begehungen mit Beurteilungsergebnissen der Stufen II oder gar III, sondern auch in Revieren der Stufe I Abschusszahlen, die den Zuwachs nachhaltig abschöpfen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Erfolge der letzten Jahre nicht von Dauer sind. 

In manchen Rotwildgebieten wurden notwendige Verringerungen der Wildstände zwar erkannt und ausführlich diskutiert, vielfach aber nicht ausreichend umgesetzt. Die Abschöpfung der jährlichen Zuwächse und mehr noch Bestandssenkungen erfordern eine rechtzeitige und intensive Bejagung der Kälber und der Tiere.  

Die Frühjahrsbejagung einjähriger Stücke ist richtig und notwendig, sie dient aber auch dem Nachholen der im Spätsommer und Herbst versäumten Abschüsse. Eine deutlich wirksamere Schadensverhütung erreicht man durch die Erlegung von Kälbern und Kitzen vor der Zeit der höchsten Verbiss- und Schälgefährdung. Wie sinnvoll ist es, Kälber und Kitze im Herbst zu schonen, im Winter zu füttern und zusätzliche Schäden in Kauf zu nehmen, um die im Herbst geschonten Stücke dann im Frühjahr zu erlegen?

Wo trotz vollständiger Abschusserfüllung im Herbst im darauffolgenden Frühjahr immer wieder überraschend viele einjährige Stücke auftauchen, erscheint eine Überlegung sinnvoll, ob nicht bereits im Spätsommer und Herbst mehr Kitze bzw. Kälber erlegt werden sollten. Erst wenn der Wildbestand angepasst ist, kann ein vermehrt jagdwirtschaftliches Denken angedacht werden, wo aus Jährlingstücken mehr Wertschöpfung erzielt wird.

Verspäteter Abschussbeginn

Die Schusszeit für Alttiere und Kälber beginnt am 16. Juli, für Altgeißen und Rehkitze am 16. August. Mit der intensiven Bejagung der Geißen und Kitze wird von manchen Jägern jedoch erst Anfang September oder noch später begonnen, beim Rotwild häufig erst nach der Brunft.

Begründet wird das gerne mit dem geringen Gewicht der Kitze bzw. der Kälber. Die Gewichtszunahme vom Spätsommer bis zum Herbst ist unbestritten. Zahlreiche Stücke, mit deren Erlegung am Beginn der Schusszeit zugewartet wird, werden jedoch im Spätherbst und Winter nicht mehr zur Strecke gebracht. Der finanzielle Verlust durch frühzeitige Abschüsse hält sich bei den derzeitigen Wildbretpreisen in Grenzen, zur Verringerung des Verbissdrucks auf die Waldverjüngung trägt die frühzeitige Abschusserfüllung jedoch wesentlich bei. Für uns Jäger bedeutet das ein hohes Maß an Verantwortung, aber auch die Chance, durch freiwillige und wirksame Bejagung am Beginn der seit Jahrzehnten geltenden Schusszeiten unsere Kompetenz bei der Schadensverhütung und der Gestaltung des Lebensraumes unter Beweis zu stellen.

Das Hinausschieben des Abschussbeginns beruht auch auf Traditionen und der Abneigung mancher Jäger gegen die frühzeitige Erlegung von Kitzen, Geißen, Kälbern und Alttieren. Die Bejagung hat sich jedoch an wildbiologischen Erkenntnissen und dem Zustand des Lebensraumes zu orientieren, nicht an liebgewordenen, überholten Gewohnheiten. Debatten innerhalb von Jagdgesellschaften über den Beginn der Bejagung von Kitzen und Geißen entsprechen nicht mehr den heutigen Erfordernissen. Wer es für richtig und notwendig hält, am 16. August zu beginnen, soll das tun. Es gibt gute Gründe dafür.

Wenn ältere Jäger sich selbst nicht dazu aufraffen können, Rehkitze und Geißen in der zweiten Augusthälfte zu erlegen, so sollen sie zumindest andersdenkende, insbesondere junge Jäger nicht davon abhalten, kritisieren und demotivieren. Spätestens ab Anfang September ist es aber für alle Jäger an der Zeit, ausreichend viele Herbstrehe zu erlegen, auch normal entwickelte, gesunde Stücke.

Einbindung möglichst vieler Jäger

Die landesweit erfolgreiche Erfüllung der Herbstabschüsse kann nur gelingen, wenn möglichst viele Jäger davon überzeugt sind, mit der rechtzeitigen und vollständigen Abschusserfüllung der Gesunderhaltung des Wildes, der Erhaltung der Lebensräume und der Verteidigung der berechtigten Interessen der Jäger in unserer Gesellschaft zu dienen. Glücklicherweise gibt es viele, insbesondere auch junge Jäger, welche die Abschusserfüllung als ihr persönliches Anliegen betrachten und ihren Beitrag mit vollem Einsatz leisten. Diese Jäger nehmen sich auch im Spätsommer und Herbst gerne Zeit, wenn man sie nur lässt, die Abschusskriterien nicht zu eng fasst und an den erlegten Stücken nicht krampfhaft nach Gründen sucht, warum gerade um dieses Stück „schade“ sei. Alle aufgeschlossenen und einsatzfreudigen Jäger können wertvolle Beiträge zur Abschusserfüllung leisten, auch nicht ortsansässige, wenn ihr Beitrag realistisch geplant wird und vor Ort wohnende Jäger die Fernerkundung übernehmen. Weidgerechte und erfolgreiche Bejagung im Herbst ist keine Geheimwissenschaft, sondern erlernbares jagdliches Handwerk; es setzt allerdings eine entsprechende Einstellung, einige Übung im Ansprechen und die Beachtung wichtiger Grundsätze voraus.

Grundsätze, Voraussetzungen und Vorschläge

  • Es gibt kein einfaches Wundermittel zur Verbesserung der Abschusserfüllung. Erfolge stellen sich nur ein, wenn die Notwendigkeit der Abschüsse grundlegend eingesehen wird, (neue) wildbiologische Erkenntnisse berücksichtigt und flexibel an die jeweiligen Revierverhältnisse angepasst werden.
  • Kleinliche Einschränkungen bei der Abschussfreigabe sowie übermäßige Kritik sind Hauptursachen für schlechte Abschusserfüllung und daher zu unterlassen.
  • Effiziente Nutzung der Schusszeiten ab dem ersten Tag! Bis Mitte September sind die Tage noch lang und das Wild kommt öfter in Anblick. Spätestens ab Mitte Oktober lässt die Wahrscheinlichkeit für Erlegungsmöglichkeiten deutlich nach. Die Einstellung, man habe noch „soooo viel Zeit“ bis zum Jahresende, rächt sich, wenn die Tage kurz werden und das Wild „unsichtbar“ wird.
  • Erfolgreich jagen heißt, nicht ständig jagen!
  • Ansitze in der Nähe von Einständen nicht ständig, sondern nur dann besetzen, wenn man etwas erlegen will. Günstige Gelegenheiten nicht ungenutzt verstreichen lassen.
  • Bei ungünstigem Wind entweder zu Hause bleiben oder das Wild nur aus größerer Entfernung beobachten, zum Beispiel vom Gegenhang, wo man nichts vergrämt.
  • Alibibemühungen, die den Jagderfolg letztendlich beeinträchtigen, sind zu unterlassen, notfalls auch zu unterbinden.
  • Grundsätzlich das Kitz bzw. Kalb vor dem Muttertier erlegen – Klein vor Groß!
  • Natürlich sollen kranke und schwache Stücke vorrangig erlegt werden, aber auch bei gesunden und stärkeren Stücken muss keine verlängerte Schonzeit eingehalten werden.  Die Erlegung stärkerer Stücke stellt einen überzeugenden Beweis für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Wildes in diesem Revier dar.
  • Keine Scheu vor der Erlegung mehrerer Stücke, wenn sich die (seltene) Gelegenheit dazu bietet. Die Beunruhigung je erlegtem Stück ist geringer. Nie wieder weiß man so sicher, dass ein Muttertier nicht führt, wie unmittelbar nach der Erlegung seines Kitzes bzw. Kalbes.
  • Möglichkeiten der Schwerpunkt- und Intervallbejagung sinnvoll und flexibel zur Abschusserleichterung nutzen. Bei beiden Bejagungsformen ist darauf zu achten, dass sie nicht zum Abschusshindernis ausarten. Sinnvoll und flexibel bedeutet, man soll nicht jede günstige Möglichkeit zur Erlegung ungenutzt verstreichen lassen, nur weil gerade das Zeitintervall nicht passt oder das Wild etwas außerhalb des Bereiches der Schwerpunktbejagung steht.
  • Gut vorbereitete Bewegungsjagden mit brauchbaren Hunden, erfahrenen Treibern und sicheren Schützen können eine effiziente Alternative zur klassischen Ansitzjagd darstellen. Sie sollen aber nicht als Alibihandlung, sondern nur dann durchgeführt werden, wenn mit einiger Wahrscheinlichkeit Strecke zu erwarten ist. Der ernsthafte Wille zum „Strecke machen“ ist bei der Begrüßung zum Ausdruck zu bringen.
  • Einzelne Abschüsse besonders gut entwickelter Stücke können bei raschem Ansprechen vorkommen, haben aber keine schwerwiegenden nachteiligen Auswirkungen auf den Gesamtbestand. Sie sollten daher keinesfalls an den Pranger gestellt werden, wenn die Abschusserfüllung und die Altersgliederung der getätigten Abschüsse in diesem Jagdgebiet grundsätzlich in Ordnung sind.

Zusammenfassung

Die Jagd auf Kahlwild und Herbstrehe ist mehr als lästige Verpflichtung zur Abschusserfüllung. Sie erfordert zwar Zeit und jagdliches Können, kann aber dem Jäger auch viel Freude bereiten. Mit frühzeitiger und vollständiger Erfüllung der Abschusspläne leisten verantwortungsbewusste Jäger einen entscheidenden Beitrag zur Begründung standortsgerecht gemischter, zukunftstauglicher Wälder und damit zur Erhaltung eines gesunden Lebensraumes für uns und unser Wild.

Abschussplanerfüllung im Herbst, OÖ LJV

Wenn der Wildbestand und der Lebensraum im Einklang sind, kann ein vermehrt jagdwirtschaftliches Denken angedacht werden, wo aus Jährlingstücken mehr Wertschöpfung erzielt wird.

Fotos: E. Scharitzer, Ch. Böck

 

   
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